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Auf Wiedersehen, TXL – Am Sonntag geht ein Stück Flughafengeschichte zu Ende, doch Tegel wird bleiben
Am 8. November 2020 startet der letzte Flug vom Flughafen Berlin-Tegel. 46 Jahre lang war er in Betrieb und bewältigte den Wandel vom Tor nach West-Berlin zum Hauptstadtflughafen des wiedervereinigten Deutschlands. Ursprünglich für 2,5 Millionen Passagiere jährlich ausgelegt, wurden hier schließlich über 24 Millionen Menschen im Jahr befördert. Seit 2019 ist der Flughafen unter Denkmalschutz gestellt. Seine Bauten werden nach der Schließung als Teil der geplanten „Urban Tech Republic“ weitergenutzt.
Meinhard von Gerkan, Volkwin Marg und Klaus Nickels hatten gerade ihr Architekturstudium beendet, als sie 1965 den internationalen Wettbewerb für den Flughafen Berlin-Tegel gewannen. Sie hatten zu dem Zeitpunkt zwar selbst noch nichts gebaut, aber als Studenten für andere Architekten zahlreiche Wettbewerbe gezeichnet und gewonnen, was sie beflügelte, die Teilnahme am internationalen Wettbewerb unter eigenem Namen zu wagen.
Meinhard von Gerkan hatte unmittelbar zuvor als Diplomarbeit einen Flughafen für Hannover-Langenhagen entworfen und brachte einschlägiges Wissen um aktuelle Typologien, technische Abläufe und die damals aktuellsten Anforderungen an Flughafenarchitektur mit. Den Entwurf zum Flughafen Tegel konzipierten von Gerkan, Marg und Nickels auf dieser Grundlage konsequent als Drive-in-Flughafen, bei dem der Weg vom Auto bis zum Flugzeug nur 30 Meter betrug, ein Rekord, der bis heute ungebrochen ist. Voraussetzung hierfür war die dezentral organisierte Abfertigung vor jeder Flugzeugposition. Polizei, Gepäckannahme, Zoll und Check-in-Personal wanderten von Gate zu Gate, wo die Fluggäste vorfuhren und abgefertigt wurden. Einstiegs- und Ausstiegszeiten waren dadurch einzigartig kurz. Auch der Weg zur Haupthalle war von jedem Gate kurz, da die Flugsteige in einem geschlossenen Ring angeordnet wurden.
Architektonisch ergab sich aus dieser Organisation die außergewöhnliche Kreisgeometrie in Form eines Hexagons, das sich aus sechs gleichseitigen Dreiecken zusammensetzt. Auf dieser hexagonalen Grundform mit dem 60-Grad-Winkel des gleichseitigen Dreiecks basiert der gesamte Flughafen vom Städtebau bis hin zu Mobiliar und Bodenfliesen und wurde ohne Ausnahme durch die Architekten von Gerkan, Marg und Partner gestaltet. Bereits im Wettbewerb war der Flughafen so konzipiert, dass er durch einen zweiten Flugsteigring auf die doppelte Größe erweiterbar war.
Der bauerfahrene Architekt Rolf Niedballa leitete als erster Partner der Architektengemeinschaft die Ausführung. Diese umfasste mehr als ein halbes Dutzend einzelne Bauaufgaben, darunter der Flugzeugwartungshangar, die Energiezentrale, das Streugutlager, weitere Betriebsgebäude und die Halle für Triebwerksproben.
Architektur und Funktionalität galten nach der Fertigstellung als zukunftsweisend. Man ging davon aus, dass zukünftig weitere Flughäfen nach dem Vorbild Berlin-Tegels errichtet werden würden. Doch neue Sicherheitsanforderungen infolge des Terrorismus und der steigende Flächenbedarf für den Einzelhandel standen ab Mitte der 1970er-Jahre dem passagierfreundlichen System der dezentralen Abfertigung entgegen, sodass Berlin-Tegel bis heute einzigartig geblieben ist.
2016 wurde der Flughafen Berlin-Tegel vom Bundesverband des Bundes Deutscher Architekten BDA mit der „Klassik-Nike“ ausgezeichnet. Seit 2019 steht er unter Denkmalschutz – eine Anerkennung, die der über die Jahre ständig gewachsenen Popularität des Flughafens entspricht, der zuletzt trotz seiner notorischen Überlastung bei Passagieren und Berlinern geradezu Kultstatus genoss.
Die erste Vision für die Nachnutzung des Flughafengeländes hatte von Gerkan mit dem Konzept „TXL plus“ bereits 2008 skizziert. Zurzeit ist gmp im Rahmen der „Urban Tech Republic“ der Tegel Projekt GmbH mit der Nachnutzungsplanung für das Haupt- und Eingangsgebäude, die zentrale Halle und den Tower beauftragt. Pünktlich zur Schließung erscheint im Verlag Park Books am 9. November 2020 „TXL. Berlin Tegel Airport“, herausgegeben von Jürgen Tietz. Mit Beiträgen unter anderem von Meinhard von Gerkan und Volkwin Marg dokumentiert das Buch die einmalige Konzeption der Architekturikone im Spiegel ihrer Zeit, vom Wettbewerb bis zur Fertigstellung in vielen bisher unveröffentlichten Plänen und Fotografien.